Seit über einem Jahr herrscht nun der Ausnahmezustand. Lockdown hier, Inzidenzwert da, Impfen, Testen, Quarantäne. Viele Dinge nerven mich an der Pandemie. Aber es gibt auch Dinge, die ich zu schätzen gelernt habe, die auch nach der Pandemie gerne beibehalten werden dürfen.
1. Der Verzicht auf den Handschlag
Ich persönlich mochte das Händeschütteln noch nie; besonders bei Menschen, die ich gar nicht oder nur kaum kenne. Mir fehlt einfach das Verständnis dafür, warum ich jemand anderen berühren muss, um ihn zu begrüßen. Schon vor der Pandemie bevorzugte ich ein höfliches Kopfnicken und/oder ein einfaches „Guten Tag!“. Und ich finde, es darf auch gerne so bleiben, ohne dass es als unhöflich gilt, wenn ich mir nicht nahestehenden Personen nicht die Hand gebe.
2. Die Vorteile der Online-Lehre nutzen
Ja, das Home-Office ist anstrengend. Den ganzen Tag am eigenen Schreibtisch vor dem Monitor sitzen macht keinen Spaß. Und in Seminaren, die von und für Diskussionen leben, vermisse ich den präsenten Austausch. Aber eine Sache vermisse ich in der Uni weniger und das sind die großen Vorlesungen, in denen ich in einem vollgestopften Hörsaal sitze und verzweifelt versuche, Notizen zu machen und gleichzeitig nicht den Anschluss zu verlieren. Oft war ich – ja, unprofessionell und das Klischee der faulen Studierenden erfüllend – in solchen Vorlesungen gar nicht zugegen. Wenn ich aber die Vorlesung von zu Hause hören kann, die dann vielleicht sogar als Aufzeichnung zu finden ist, dann bin ich auch gleich viel motivierter. Insbesondere Vorlesungsaufzeichnungen kann ich mir nämlich dann anhören, wenn ich Zeit habe, und stoppen, wenn ich etwas für mich Wichtiges mitschreiben möchte.
3. Krank heißt krank
Wie oft bin ich zur Uni oder zur Arbeit gegangen, obwohl ich mich entweder krank fühlte oder gar richtig krank war. Husten, Schnupfen, Heiserkeit, leicht erhöhte Temperatur waren immerhin keine Entschuldigung dafür, meinen Verpflichtungen nicht nachzukommen. Und es ist nicht schwer, sich vorzustellen, dass meine Leistungsfähigkeit, Konzentration und Produktivität darunter gelitten haben. Auch habe ich dadurch viele Krankheiten verschleppt und hatte viel länger damit zu kämpfen, als nötig gewesen wäre. Wenn in Zeiten der Pandemie jemand aber nun mit den gleichen Symptomen zur Uni/Arbeit geht, wird er nicht nur schief angeschaut, sondern z.T. direkt wieder nach Hause geschickt. Und das finde ich richtig. Das hat nichts mit Angst vor Corona zu tun, sondern es ist erstens menschlich und zweitens effizient. Denn was bringt es, wenn eine Person krank zur Arbeit geht, weniger leistungsfähig ist und vielleicht noch andere Arbeitnehmer*innen ansteckt? Richtig: Nichts. Daher sollte gelten: Wer krank ist, bleibt daheim und kuriert sich aus.
4. Online-Treffen mit Freunden
Ja, ich vermisse es, mich mit meinen Freund*innen in großer Runde treffen zu können. Ich vermisse gemeinsame Spiele- und Filmabende, gemeinsames Grillen oder einfach nur mit mehr als maximal 2 weiteren Personen entspannt einen Kaffee trinken zu können. Online-Treffen sind da nur bedingt ein Ersatz. Dennoch gibt es auch Momente, in denen ich die Möglichkeiten der Online-Treffen zu schätzen gelernt habe. Meine beste Freundin ist wie ich im Home-Office, daher ist es auch recht spontan möglich, dass wir uns gerade auf einen Kaffee treffen. Zweitens ist es einfacher, sich auch unter der Woche mit Freund*innen zu treffen, die am nächsten Tag sehr früh aufstehen müssen. Einfach für eine Stunde quatschen oder Serie schauen, ist leichter, wenn man vom Monitor direkt ins Bett fallen kann. Drittens habe ich viele Freund*innen, die nicht mal eben um die Ecke wohnen. Außerhalb von Festivals oder Märkten sehe ich die nur selten. Das ist online nun möglich und auch nach der Pandemie besteht eine Möglichkeit, sich online außerhalb der Saison zu sehen.
5. Mein eigener Schreibtisch
Ich weiß nicht wieso, aber ich konnte vor dem Zwangs-Home-Office nur schlecht an meinem eigenen Schreibtisch lernen. Ich brauchte die Atmosphäre der Uni-Bib, um mehr als drei Sätze zu Papier zu bringen. Auch jetzt vermisse ich die Bibliothek, aber ich habe gelernt – darauf bin ich sehr stolz – an meinem eigenen Schreibtisch zu sitzen und mich selbst zum Lernen zu motivieren. Außerdem kann ich jederzeit an meinem eigenen Schreibtisch essen und meinen Kaffee trinken. Und wenn das kein Vorteil ist, dann weiß ich auch nicht weiter.
6. Desinfektionsmittel in Supermärkten
Es ist eigentlich nur eine Kleinigkeit, die auch schon vor der Pandemie in einigen Supermärkten gegeben war. Dennoch finde ich es sehr gut, dass nun jeder Supermarkt am Eingang über einen Desinfektionsmittelständer für die Hände und über Desinfektionsmittel für den Einkaufswagen verfügt, und das sollte auch bitte beibehalten werden. Immerhin weiß ich nicht, wie viele Personen vorab diesen Wagen angefasst und sich nach dem Toilettengang nicht die Hände gewaschen haben. Das fand ich vorher echt eklig, aber dank des Desinfektionsmittels kann ich wenigstens selbst ein wenig Abhilfe schaffen.
7. Mentale Gesundheit im Diskurs
Auch wenn es während dieser Pandemie primär um die physische Gesundheit geht, steigt dennoch gleichzeitig der mediale Diskurs über die mentale Gesundheit. Oftmals geht es dabei um Themen wie Home-Office-Burn-Out, also mentale Probleme. Das finde ich sehr schade, da es scheinbar nur mental gesund oder mental nicht gesund gibt. Dennoch habe ich die Hoffnung, dass dieser mediale Diskurs auch nach der Pandemie bestehen bleibt, mentale Probleme nicht mehr tabuisiert oder stigmatisiert werden und, was für mich persönlich das Wichtigste ist, sich in die Richtung Mental Health Awareness und Förderung der mentalen Gesundheit öffnet.