Endlich ist es soweit. Die Inzidenzen sinken, die Anzahl der Menschen, die geimpft sind, steigt. Viele Einschränkungen werden aufgehoben und auch die Uni plant für das Wintersemester wieder mehr präsente Lehre. Viele Menschen freuen sich auf die zurückkehrende “Normalität”. Mir persönlich macht es allerdings auch ein wenig Angst.
1.Öffentliche Verkehrsmittel
Ich denke, die meisten kennen dieses unangenehme Gefühl: Linie 4 Richtung Uni, im Sommer, eingequetscht wie in einer Sardinenbüchse, dicht an dicht neben völlig fremden Menschen. Das war bereits vor der Pandemie mehr als nur unangenehm. Doch jetzt macht mir diese Vorstellung Angst, dass ich mich nach dieser langen Zeit der Kontaktbeschränkung wieder mit vielen Menschen auf engstem Raum befinden soll.
2.Seminare und Vorlesungen
So sehr ich mich auch auf den Austausch mit anderen Kommiliton*innen in der Uni freue, so sehr frage ich mich auch: Kann ich das überhaupt noch? Also nicht das mit dem Austausch, sondern das mit dem Aufstehen, zur Uni fahren und das Ganze auch noch pünktlich. Ich habe mich mittlerweile daran gewöhnt, dass ich kurz vor knapp aufstehe, gerade einmal durchs Bad husche und mir vielleicht noch einen Pulli anziehe. Und selbst wenn ich 15 Minuten vor Seminarbeginn aufstehe, dann bin ich dennoch pünktlich. Das wird eine riesige Umstellung, da ich mich wieder an Routinen, Rituale und Strukturen gewöhnen muss, die ich vor Monaten zusammen mit meinen Jeans in einer Kiste in der letzten Ecke des Schrankes eingemottet habe.
3.Reizüberflutung
Im Home-Office sind äußere Reize eher Mangelware. Es ist mir persönlich sogar zu still und zu reizarm. Zum Glück gibt es ja Streaming-Dienste und Musik, die die Monotonie durchbrechen und das Gefühl suggerieren, man sitze nicht allein vor Bildschirm. Auch in Seminaren und Vorlesungen ist es vor allem eins: still. Die meisten haben ihre Mikrofone stummgeschaltet und man hört außer der Stimme der Sprecher*in und dem eigenen Rascheln und Atmen einfach Nichts. Ich kann mir derzeit noch gar nicht vorstellen, wie das ist, wenn ich auf einmal wieder in der lauten Uni-Halle, in einem Seminar oder einfach in der belebten Innenstadt bin und habe Sorge, dass ich nach diesen langen, reizarmen Monaten verlernt habe, zu filtern und diese Reizüberflutung auszuhalten.
4.Kneipen, Konzerte, Festivals
Ich liebe Festivals und Konzerte. Ich liebe es, mitten in einiger Menge zu stehen und mit anderen Menschen Musik zu erleben und zu fühlen, ungezwungen mit fremden Menschen ins Gespräch zu kommen. Zumindest damals… vor der Pandemie. Jetzt erscheint mir die Vorstellung mitten in einer Menge zu stehen, ungezwungen mit fremden Menschen in einer Kneipe zu sprechen und neue Freunde auf einem Festival kennenzulernen nicht nur surreal, sondern auch unvorstellbar. Es macht mir regelrecht Angst. Ich hoffe, dass sich dieses Gefühl legen wird, aber je länger die Kontaktbeschränkungen gelten, desto schwieriger und unvorstellbarer erscheint es mir.
5.Treffen mit Freunden
Treffen mit Freunden beispielsweise zum Grillen waren vor der Pandemie völlig normal und ich hätte mir nie irgendwelche Gedanken oder Sorgen gemacht; außer vielleicht, ob es regnet und ob ich noch eine Jacke einpacken solle. Wenn ich jetzt darüber nachdenke, erscheint mir diese Normalität so unendlich weit weg und ich frage mich, wann das Gefühl, etwas Verbotenes zu tun, wenn ich mich mit mehr als ein, maximal zwei Personen treffe, verschwunden ist.
6.Körperliche Nähe
Freunde zur Begrüßung zu umarmen, insbesondere wenn ich sie lange nicht gesehen habe, war für mich vollkommen normal. Jetzt gehen in meinem Kopf alle Alarmglocken an, wenn ich einer Person näher als 1,5 Meter bin. Und das bezieht sich nicht nur auf fremde Menschen, sondern auch auf meine Freunde, selbst auf meine Familie. Ich hoffe nur, dass die Alarmglocken in meinem Kopf mit der Zeit einfach still werden und ich wieder unbeschwert Freunde und Familie in den Arm nehmen kann.
7.Einkaufen
Ich vermeide so weit wie möglich, das Haus zu verlassen. Dazu gehört auch das Einkaufen in einem Supermarkt. Shoppingtouren in der Stadt waren noch nie so Meins, aber seit über einem Jahr habe ich die Innenstadt nur noch auf Bildern gesehen. Allein die Vorstellung, dass ich nach der Pandemie wieder normal einkaufen und vielleicht sogar shoppen gehen soll, erscheint mir völlig abwegig. Aber gleichzeitig vermisse ich es, durch einen Buchladen zu schlendern und mich inspirieren zu lassen. Oder Schreibwarengeschäfte und Drogerien, die ich immer mit dem festen Vorsatz betreten habe, nicht mehr als 10 Euro auszugeben – klappte übrigens nie. Das vermisse ich alles, aber dennoch sehe ich mich derzeit weder durch einen Buchladen schlendern, noch in einem Schreibwarengeschäft oder einer Drogerie meinen guten Vorsatz über Bord werfen.