Seit ich bei LiLiGoesMental bin, habe ich hier auf dem Blog schon ein paar Bücher vorgestellt, alle mit mehr oder weniger direkten Bezug zu mental health. Es war nicht immer leicht, die richtigen Worte zu finden, aber wenn ich erstmal angefangen hatte, lief es einfach. Diesmal irgendwie nicht. Ich sitze seit einer halben Stunde an diesem Text und das hier ist der dritte Anlauf. Dieses Buch vorzustellen ist anders. Versteht mich nicht falsch, ich mochte die anderen Bücher (sonst hätte ich nicht darübergeschrieben) und fand sie teilweise auch echt hilfreich, aber keines davon war so wichtig, so bedeutend für mich wie Loveless. Und ich weiß nicht, ob ich die Worte finden kann, um das wirklich auszudrücken.
In dem Buch geht es im Grunde um eine klassische Coming-of-Age Story: Georgia Warr hat die gerade die Schule abgeschlossen, ist jetzt an der Universität und versucht das typische Studentenleben zu genießen, inklusive Partys, Flirts und Beziehungen. Das Problem ist, sie mag keine Partys und das mit den Beziehungen klappt auch irgendwie nicht. Mit 18 noch immer ungeküsst fragt sich Georgia, warum das mit der Liebe bei ihr nicht funktioniert, obwohl sie es sich doch so sehr wünscht. Bis sie auf zwei Begriffe stößt, die es vielleicht erklären könnten.
Aromantik und Asexualität. Zwei ziemlich lange Wörter, die dem ein oder anderen vielleicht auch gar nichts sagen. Aromantik bedeutet wenig bis gar keine romantische Anziehung zu anderen Personen zu fühlen, Asexualität wenig bis gar keine sexuelle Anziehung zu anderen zu fühlen. Beides gehört zum queeren Spektrum – das A in LGBTQIA+ (und ja, es gehört dazu!). Auch wenn es für Georgia eine Erleichterung sein sollte, endlich einen Namen zu haben, so ist es dennoch ein ziemlicher Schock, der einiges an Fragen und Ängste mit sich bringt.
Warum ist mir das Buch also so wichtig? Weil ich eine ähnliche Geschichte wie Georgia durchgemacht habe. Ich habe mich letztes Jahr selbst als aromantisch-asexuell (aro-ace) geoutet, tatsächlich mit einem Text auf diesem Blog. Ich war zwar froh und erleichtert, endlich ein Label für mich gefunden zu haben, aber seitdem habe ich ehrlich gesagt nicht mehr viel darüber nachgedacht. Als ich von diesem Buch gehört habe wollte ich es natürlich unbedingt lesen, aber zu dem Zeitpunkt hauptsächlich aus Neugier.
Um ehrlich zu sein, habe ich mir nie groß Gedanken über Repräsentation gemacht. Natürlich weiß ich wie wichtig das ist – nicht nur individuell, sondern auch im gesellschaftlichen Kontext –, aber ich persönlich habe mich nie betroffen gefühlt. Jetzt, nachdem ich Loveless gelesen habe, verstehe ich was Repräsentation bedeuten kann. Es war das erste Mal, dass ich mich so intensiv mit einer Figur identifizieren konnte. Das erste Mal, dass ich über meine sexuelle und romantische Orientierung in einem Buch gelesen habe, zudem in einem fiktiven Roman. Das erste Mal, dass ich schwarz auf weiß den Beweis hatte, dass ich eben nicht damit allein bin. Oder dass ich kaputt bin. Es war das erste Mal, dass ich in einem Buch Sätze gelesen habe, die mir aus der Seele sprachen. Ich fühlte mich gesehen und bestätigt.
Ich habe gar nicht richtig gemerkt, wie nah mir das ging, bis ich mit dem Buch fertig war. Ich habe es zugeschlagen und direkt angefangen zu heulen. Und zwar so richtig. Es war als hätte sich auf einmal ein Knoten tief in mir drinnen gelöst, und eine emotionale Last wäre von mir abgefallen. Jetzt verstehe ich so richtig die Bedeutung von Repräsentation. Und deshalb ist mir dieses Buch so wichtig. Alice Oseman (die übrigens selbst aro-ace ist) hat es geschafft, Aromantik-Aesxualität und alles was dazu gehört – Ängste, Sorgen, Fragen – in Worte zu fassen, und zwar auf eine Art und Weise, die es verständlich und zugänglich macht.
Bei mir klappt es leider nicht ganz so gut, meine Gefühle für dieses Buch in Worte zu packen. Alles, was ich schreibe fühlt sich nicht genug an. Aber ich hoffe, es kam trotzdem ein wenig durch, wie wichtig diese Geschichte für mich war und ist!
Auf jeden Fall kann ich Loveless nur weiterempfehlen!
An alle, die das Gefühl haben, vielleicht auch auf dem A-Spektrum zu sein.
An alle, die Aromantik-Asexualität (noch) nicht verstehen.
Und an alle, die einfach nur neugierig sind.