Dankbar für meine Generation

Ich bin dankbar für meine Generation. Ich mag nicht, wie das klingt (ich finde die Sache mit Generationen immer etwas schwierig ob der Abgrenzung), aber so ist mir der Gedanke durch den Kopf gegangen. Obwohl ich lange nach einer anderen Ausdrucksweise gesucht habe, fiel mir nichts ein, also bleibt es jetzt dabei. Und irgendwie trifft es ja auch den Nagel auf den Kopf.

Aber wieso bin ich dankbar für meine Generation? Weil sie es einem leichter macht, anders zu sein.

Ich habe Depressionen und bin nun seit etwas länger als einem Jahr in Therapie. Wenn man anderen davon erzählt oder es auch nur nebenbei erwähnt, erwartet man instinktiv vielleicht folgende oder ähnliche Reaktionen: Ablehnung, komische Blicke, das Gegenüber benimmt sich auf einmal anders, peinliche Stille, Mitleid. Um ehrlich zu sein, weiß ich nicht, was ich erwartet hatte, denn ich war nur froh, endlich Hilfe zu bekommen. Aber die Reaktionen, die ich von Gleichaltrigen bekommen habe – ob nun enge Freunde, Bekannte oder (fast) Fremde) – waren meilenweit davon entfernt; vielmehr war es Freude, die wertfreie Nachfrage, ob es mir denn helfen würde, Daumen-Drücken, dass es bald besser wird. Kurz und gut, es wurde einfach akzeptiert, ohne blöde Sprüche und ohne, dass sich dadurch irgendwas änderte.

Etwas Ähnliches habe ich auch mit meinem Coming-Out erlebt. Ich habe mich vor ein paar Monaten als aromantisch-asexuell geoutet – der Text darüber ist übrigens auch in diesem Blog zu finden. Der Text wurde unter Gast gepostet, weil ich zu dem Zeitpunkt echt noch Probleme hatte, das mit meinem Namen zu verbinden. Ich wollte aber auch, dass meine Freunde Bescheid wussten, also habe ich ihnen den Text geschickt. Wieder, ich weiß eigentlich gar nicht, was ich wirklich davon erwartet habe; nicht viel, schätze ich, denn ich war überzeugt, dass keiner meiner Freunde ein Problem damit haben würde. Trotzdem war es dann schön, die positiven Rückmeldungen zu hören: dass man sich für mich freut, dass ich weiß, welches Label zu mir passt, dass ich deswegen stolz auf mich sein kann, und am wichtigsten, dass sich dadurch nichts ändert.

Ich bin dankbar für meine Generation. Weil es keine Norm mehr zu geben scheint, weder wie eine Familie auszusehen hat, noch für das Leben generell. Weil es kaum einen kümmert, wo man auf dem Spektrum der Sexualität ist. Weil es einfacher geworden ist, über mentale Gesundheit zu reden und zur Therapie zu gehen. Weil man sein kann, wie man nun mal ist. Weil man sich nicht schämen muss. Weil man trotzdem akzeptiert wird.