7 Dinge… die ich während der Pandemie zum 1. Mal gemacht habe

Natürlich ist die Pandemie scheiße. Ich weiß auch, dass viele Leute sehr darunter gelitten haben bzw. immer noch leiden: manche haben ihren Job verloren, andere sogar Familie und Freunde an COVID. Es mussten Lösungen fürs Homeschooling her und gerade die jüngere Generation litt unter den fehlenden sozialen Kontakten. Deswegen erfüllt es mich immer etwas mit schlechtem Gewissen zu sagen, dass mir die Umstände irgendwie trotzdem geholfen haben, mich weiterzuentwickeln. Ich will die Pandemie auf keinen Fall schönreden, aber ich finde, es kann nicht schaden, auch anzuerkennen, was ich mich dadurch getraut und letztendlich auch gemacht habe – und sei es nur, damit ich merke, wie viel besser es mir inzwischen geht.

1. Einer Hochschulgruppe beitreten

Auch wenn es sich schon viel länger anfühlt, bin ich erst seit Februar 2021 bei LiliGoesMental. Ich hatte die Gruppe schon länger auf Instagram und der Website verfolgt und später auch bei einigen der online Veranstaltungen via Zoom mitgemacht, aber ich hatte mich nie getraut, mich mal zu melden. Das Thema war mir persönlich sehr wichtig und ich freute mich wahnsinnig, dass es Leute gab, die offen darüber redeten. Aber ich selbst? Ich war lange unsicher, ob ich das hinkriegen würde, sowohl zeitlich als auch mental; und ein bisschen Angst davor, als Neue zu einer etablierten Gruppe zu stoßen, hatte ich auch. Aber nach Zuspruch meiner Therapeutin schrieb ich dann einfach mal eine formlose Mail, war kurz darauf beim ersten Meeting dabei, und wie heißt es so schön – der Rest ist Geschichte!

2. Mich auf eine Hilfskraftstelle bewerben

Wer selbst Studierende*r ist, kennt das sicher: ständig (naja, zumindest gefühlt) kommen Mails mit Ausschreibungen für Hilfskraftstellen hier und da. Ich habe sie immer gekonnt ignoriert. Beziehungsweise durchgelesen, etwas Hoffnung geschöpft und dann wieder aufgegeben. Hauptsächlich, weil ich dachte, dass ich den Anforderungen eh nicht entspreche, entweder fachlich oder persönlich (subjektiv gesehen). Sofort kam dann bei mir die Angst hoch, dass ich den Job nicht schaffen könnte, dass ich versage, dass ich jemanden enttäusche, dass es mir zu viel wird und ich aufgeben muss. Und dann habe ich mich lieber gar nicht erst beworben. Klingt für manche vielleicht albern, andere können es aber vielleicht auch nachvollziehen. Bis ich dann verstanden habe, dass ich ja immer „Nein“ sagen kann, wenn ich merke, dass es nicht passt. Also habe ich mich Anfang 2021 mal beworben und bin sogar zum Gespräch eingeladen worden. Aus der Stelle ist nichts geworden (es war auch nicht das Richtige), aber die Erfahrung war Gold wert.

3. An einem Podcast teilnehmen

Vor ein paar Monaten haben Brian Rozema und Leon Dollerschell vom Anglistik-Podcast „Anglisten Assemble“ bei LiliGoesMental angefragt, ob wir für eine Folge dabei sein wollten, um unsere Gruppe vorzustellen und über „mental health“ zu sprechen. Früher hätte ich nie auch nur im Entferntesten darüber nachgedacht, aber diesmal habe ich zu meiner eigenen Überraschung dafür gemeldet. Obwohl ich natürlich ein wenig Angst hatte (wobei Angst vielleicht zu extrem klingt… anxiety trifft es besser), gab es einiges, was mich auch wieder beruhigt hat: 1. Ich kannte Leon persönlich und hatte schon einige Kurse bei Brian, 2. Ich war nicht alleine, sondern hatte noch jemanden von LGM dabei, 3. Ich hatte im Nachhinein immer noch die Möglichkeit, etwas streichen zu lassen, wenn ich es doch nicht im veröffentlichten Podcast haben wollte. Daher dachte ich, es wäre eine gute Gelegenheit, endlich mal aus meiner eigenen Komfortzone rauszukommen und was Neues zu probieren. Und genau so war es auch!

4. Interview für das Campusradio Hertz 87.9

Ähnlich wie bei dem Podcast wurde LGM auch von Hertz angefragt, ob wir Lust hätten, an einem Beitrag mitzuwirken. Es ging einerseits darum, die Gruppe vorzustellen und andererseits, wie eine psychische Krankheit den Studienalltag beeinflusst. Da ich erst seit ein paar Monaten dabei war, fühlte es sich komisch an, LGM zu repräsentieren; allerdings habe ich mich bereit erklärt, Letzteres zu tun, sprich als Betroffene mit Depression über mein Studium zu sprechen. Objektiv betrachtet war diese Entscheidung ein Riesenschritt, aber in den Moment (und auch während des Interviews selbst) fühlte es sich richtig und gut an. So klischeehaft es auch ist, aber ich wollte die Person sein und das tun, was ich vielleicht gebraucht hätte: jemand, der offen über die Probleme spricht, die mit einer psychischen Erkrankung einhergehen, und mir zeigt, dass ich nicht allein bin. Und ich habe gemerkt, dass es mir immer leichter fällt darüber zu sprechen, je öfter ich das mache!

5. Bei der English Drama Group mitmachen

Anfang 2020 hatte ich endlich den Mut aufgebracht, für meine Praxisstudien ins Ausland zu gehen – und dann kam die Pandemie und alle Pläne lösten sich in Luft auf. Weil ich aber nicht unbestimmt darauf warten wollte, ins Ausland zu kommen, um das Modul abzuschließen, kam ich auf ein Angebot der English Drama Group zurück: die Leistungspunkte nämlich als „production assistant“ zu sammeln. Ich dachte mir, ich kann es ja wenigstens mal probieren, immer im Hinterkopf, dass ich es abbrechen kann, wenn es mir zu viel wird oder es mir nicht gefällt. Als Elli, die Koordinatorin, meine möglichen Aufgaben nannte, fühlte ich mich zuerst wieder total überfordert und war der Meinung, dass ich das nie hinkriegen würde. Irgendwie habe ich es geschafft, diese Gedanken zu ignorieren und es trotzdem zu versuchen. Und mit jeder Woche und jeder Probe, die verging, und mit jeder Aufgabe, die ich gemeistert habe (Proben selbst leiten, social media übernehmen, mit Elli die Proben zu planen etc.), wuchs mein Selbstvertrauen in meine Fähigkeiten!

6. Renovieren (theoretisch habe ich schon kurz vor der Pandemie damit angefangen, aber ich finde, es zählt trotzdem!)

Es gibt (neben anderem) zwei Sachen, die mir sehr schwerfallen: Entscheidungen zu treffen (was, wenn ich mich für das Falsche entscheide; was, wenn es noch etwas Besseres gibt) und mich an Neues zu gewöhnen. Deswegen hatte ich gemischte Gefühle, was die Renovierung anging. Einerseits wollte ich unbedingt was verändern, ich fühlte mich nicht wirklich wohl und die Möbel gefielen mir auch nicht mehr. Andererseits hieß das, mich von meinen Möbeln aus der Kindheit zu trennen (Nostalgie und so weiter) und mich den bereits genannten Problemen zu stellen: mich für was Neues zu entscheiden und dann daran zu gewöhnen. Ach ja, und natürlich bin ich auch noch Perfektionistin, das heißt alles musste unbedingt perfekt sein. Alles von Grund auf zu renovieren war schon echt eine Challenge für mich, aber jetzt, wo (fast) alles fertig ist, bin ich umso glücklicher, dass ich es geschafft habe!

7. Mehr aus mir rauskommen

Dass das hier für mich wichtig ist, merkt man vielleicht schon daran, dass die Punkte 1 bis 5 auf dieser Liste stehen. Früher war ich eher introvertiert und habe in Gruppen wenig bis gar nichts gesagt, zum Teil, weil ich mich nicht traute, und zum anderen, weil ich dachte, dass es eh niemanden interessiert oder die Idee/der Vorschlag/der Einwand sinnlos war. Gleichzeitig kämpfte ich noch mit meinen Depressionen und fühlte mich damit ziemlich allein, während es allen anderen scheinbar super ging. Im Grunde fehlte mir einfach das Selbstvertrauen, sowohl in Bezug auf meine Persönlichkeit, meine mentale Gesundheit (oder eher das Fehlen ebenjener) als auch meine Fähigkeiten (zum Beispiel das Schreiben wie hier im Blog). Während manche das alles hier auf der Liste vielleicht für selbstverständlich halten, waren das für mich riesige Meilensteine, die mir zeigen, dass es mir inzwischen etwas besser geht. Und das ist doch alles was zählt, oder?