„… denn jeder Tag ist ein Geschenk, er ist nur scheiße verpackt“

Musik-Empfehlung: „Das Leichteste der Welt“ von Kid Kopphausen

Ein*e YouTube-User*in bezeichnet das Musikvideo als „After-Depressions-Song“.
Ja, das stimmt. Aber nicht nur das. Es ist ein „After-Trauma-Song“, ein „After-Crisis-Song“, ein „After-Pandemic-Song“.
Ein Ja zum Leben und zu sich selbst.

Es ist ein Lied für jeden Menschen, der eine Weile lang im Koma lag.
Der alles auf Null fährt, weil Treffen mit geliebten Menschen eingeschränkt werden müssen.
Der seinen Job nicht ausüben kann, weil sein Beruf als nicht systemrelevant eingestuft wird.
Der Angst um seine Gesundheit und die vieler anderer Menschen hat.
Der versteht, dass Maßnahmen gegen die Ausbreitung des Virus sinnvoll sind, und trotzdem darunter leidet.
Dem es schwer fällt, daran zu glauben, dass diese Zeit der Einschränkungen irgendwann vorbei sein wird.

Es ist auch ein Lied für jeden Menschen, der schon mal Blumen und Pralinen vom Arsch der Hölle mitgebracht hat oder es vielleicht gerade tut.
Der so schreckliche Dinge erlebt hat, dass er glaubt, keine Worte dafür finden zu können.
Der nicht mehr weiß, wie sich seine Stimme anhört.
Für den die einzigen Farben grau und schwarz sind.

Es geht nicht darum, Leid zu vergleichen. Wir alle kennen graue Tage, an denen wir uns nicht vorstellen können, jemals wieder Farben sehen zu können. An denen wir nicht mehr glauben, genug Kraft zu haben, um weiterzumachen.

Wir fühlen uns in dieser Zeit des Social Distancing oft allein.
Wir sind jung! Sollte das nicht die Zeit unseres Lebens sein? Und jetzt sitzen wir ständig allein zu Hause vor unseren PCs und fragen uns, ob das das Leben ist, auf das wir uns gefreut haben, als wir klein waren.

Und manchmal liege ich nachts wach
und träume von den schönsten Melodien
Sie schweben durch die Dunkelheit,
ich stell mir vor, ich schwebe mit ihnen
Irgendetwas in mir will leuchten und wird schwerelos

Vielleicht geht es in einer Krise – egal ob individuell oder global – nicht darum, nach dem absoluten Glück zu streben. Vielleicht reicht es schon, sich an dieses Leuchten zu erinnern, das jeder Mensch in sich trägt.
Wir von LiLiGoesMental wollen mit euch auf die Suche gehen, wie wir uns auch in dunklen Zeiten das Leuchten bewusst machen können.

Manchmal ist es ein Waldspaziergang, der einen kleinen Funken in uns weckt.
Manchmal sind es die Lieblingskekse, die schon Oma so gebacken hat.
Manchmal ist es eine Runde Yoga für den verspannten Rücken.
Manchmal ist es ein Netflix-Marathon mit Popcorn und Bier.
Manchmal ist es bewusstes Nichtstun.
Manchmal sind es Lieder wie dieses.
Und oft sind es Menschen, die diese Welt durchaus rechtfertigen,
die durch ihr bloßes Dasein andern Menschen leben helfen
Die lieben und lieben und lieben und lieben und lieben und lieben
als wär‘s das Leichteste der Welt
Ich will einer von ihnen sein.

Wir sind nicht nur unzufrieden, sondern auch kreativ. Wir finden Möglichkeiten, um trotzdem Kontakt zu halten.
Wir rollen die Yogamatte aus und haben mehr Spaß als im Studio, wenn wir auf dem Bildschirm vor uns das lachende Gesicht unserer besten Freundin in der „Kobra“ sehen.
Wir sitzen mit Popcorn vor dem geteilten Bildschirm und diskutieren fast wie früher mit unseren Freund*innen, welchen Film wir heute schauen.
Wir veranstalten Zoom-Spieleabende und stoßen an Silvester digital an.
Wir telefonieren wieder mit Freund*innen und Familie und merken:
Wir sind nicht allein.

Wir sollten nicht zu viel von dieser Zeit erwarten. Wir müssen heute nicht glücklich sein. Es muss nicht die Zeit unseres Lebens sein.
Wir müssen nur durchhalten.

Und wer weiß – vielleicht kommt ein Funken Glück dann ganz von selbst.

Ich wurde geboren an einem Fluss,
und seitdem treibe ich dahin
durch dieses Leben, das mich lieben will,
egal, was ich auch bin.
Und also existiere ich und atme und finde:
Das war gar kein schlechter Anfang.

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