Zukunftsangst

Ich studiere schon ziemlich lange. Inzwischen bin ich im 11. Fachsemester und im 13. Unisemester. Dass ich die Regelstudienzeit überschritten habe, ist ziemlich offensichtlich. Aber warum brauche ich so lange für mein Studium? Dafür gibt es verschiedene Gründe.

Zum einen liegt es, denke ich, an meinen mentalen Problemen. Ich hatte in den letzten Jahren ziemlich damit zu kämpfen; so sehr, dass fast meine gesamte Kapazität dafür aufgebraucht wurde, einfach nur weiterzumachen (auch wenn ich das erst verstanden habe, seit ich in Therapie bin). Außerdem habe ich im Verlauf der Jahre gemerkt, dass ich mehr Pausen brauche, mehr Zeit, um mich auszuruhen. Während andere ihren Stundenplan komplett vollpacken, habe ich nicht mehr als vier bis fünf Seminare pro Semester. Am Anfang hatte ich immer ein schlechtes Gewissen, ich habe mich für faul gehalten. Inzwischen weiß ich, dass ich hochsensibel bin (selbst diagnostiziert, aber von meiner Therapeutin unterstützt); ich habe keinen Reizfilter, ich nehme alles viel mehr wahr. Das bedeutet dann auch, dass mein Gehirn mehr Zeit braucht, um alles zu verarbeiten. Wenn ich mir diese Zeit nicht nehme, gerate ich schnell an meine Belastungsgrenze. Deswegen auch weniger Veranstaltungen für mein Studium.

Es ist komisch, diese Gründe darzulegen. Ich weiß, dass sie berechtigt und wahr sind, trotzdem fühlt es sich an wie eine Ausrede. Vielleicht liegt es daran, dass es mir noch schwerfällt, meine „Nachteile“ zu akzeptieren und denke, ich müsste genauso viel leisten wie andere. Aber es gibt auch noch einen anderen Grund: Ich habe Zukunftsangst. Ich habe Angst vor der Unsicherheit nach dem Studium. Ich habe Angst, dass ich meinen Platz nicht finde. Ich habe Angst, dass ich nicht gut genug bin. Ich habe Angst, das Leben nicht hinzukriegen. Dass mich das Leben überfordern wird. Ich habe Angst vor der Welt da draußen.

Ich habe keine Ahnung, was ich nach dem Studium machen will, oder wenn ich das wüsste, wie ich dahin kommen soll. Der Gedanke, mit dem Bachelor fertig zu werden und die Uni zu verlassen, lähmt mich schon beinahe. (Ich weiß, ich könnte einfach mit dem Master weitermachen, aber mal ehrlich, damit würde ich das Problem nur verdrängen und in die Zukunft verschieben.) Ich glaube deshalb, dass ich – zumindest etwas – mein Studium mit Absicht verzögert habe, damit ich mich dieser Angst nicht stellen muss. Wie gesagt, ich fühle mich deshalb schlecht, auch wenn ich nicht genau sagen kann, warum. Vielleicht, weil ich es feige finde. Vielleicht bin ich aber auch einfach nur zu hart zu mir selbst. Das ist gut möglich, denn ich tendiere generell dazu. Es ist eigentlich auch egal.

Lange Zeit habe ich mich mit dieser Angst sehr allein gefühlt. Ich dachte immer, dass alle anderen um mich herum keine Probleme damit hatten. Inzwischen weiß ich es besser. Viele haben – wenn vielleicht auch keine Angst – keine Ahnung, was sie nach dem Studium machen sollen. Und das zu hören, hilft unglaublich viel. Es zeigt, dass man eben nicht allein mit seinen Sorgen ist. Und es macht es leichter, über seine eigenen Ängste zu sprechen, ohne das Gefühl haben zu müssen, man wäre irgendwie kaputt. Auch wenn es mir selbst manchmal immer noch schwerfällt, mir das bewusst zu machen: Es ist okay, Angst zu haben. Vor der Zukunft, vor dem Leben. Vor dem, was kommen wird, wenn man die gewohnte Struktur der Schule oder der Uni verlässt. Es ist okay. Und ihr seid nicht allein damit.

Rückblick auf die Veranstaltung: Klimakrise & Mental Health am 18. Mai 2022

Unsere erste Veranstaltung konnte nach über 2 Jahren wieder live und in Farbe stattfinden.
Letzte Woche Mittwoch haben wir zur Podiumsdiskussion in H12 geladen. Das Thema: Klimakrise & Mental Health. Fragen rund um das Thema Klimakrise wurden von unserer Sprecher*innen besprochen, von Klimaangst und Environmental Health Literacy, bis zur finanziellen Umsetzbarkeit des nachhaltigen Lebens als Studentin und Klimaaktivismus im Studium.

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Muttertag

Am 8. Mai ist Muttertag. Wenn ich das hier schreibe ist Mitte April und schon jetzt laufen die ersten Werbespots im Fernsehen. Für Blumen, Schokolade, das ganze Drum und Dran. Auch Anzeigen für Themenreisen habe ich schon gesehen. Und in den nächsten Wochen wird das mit der Werbung wahrscheinlich noch schlimmer werden. Für mich ist Muttertag ein komischer Tag, denn ich habe keine Mutter mehr. 

Meine Mutter ist vor 10 Jahren gestorben, und seitdem damit zu leben, ist ein ständiges Auf und Ab. Und dann gibt es da diesen einen Tag im Jahr, der nur dafür gedacht ist, seine Mutter zu ehren. Aber wie geht man damit um, wenn man seine Mutter bereits zu früh verloren hat? 

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“Back to Uni” – Dieses Mal in Präsenz

Gedanken und Gefühle zum kommenden Semester

Die letzten zwei Jahre waren oft nicht einfach. Ein normales Studium in Präsenz war kaum denkbar, und wir saßen die meiste Zeit allein vor unseren Endgeräten. Mit Kommiliton*innen gemeinsam in der Bibliothek sitzen oder einen Kaffee trinken, war einfach nicht möglich. Doch nach zwei Jahren wird das Studium (endlich) wieder in Präsenz stattfinden. Einige haben bisher noch keinen normalen Uni-Alltag erleben können, für andere ist es nach zwei Jahren eine Rückkehr zu Strukturen und Dingen, die wir wieder neu erlernen müssen. Auch die Sorge vor einer Ansteckung ist leider noch nicht vorbei. Dennoch wollen wir versuchen, positiv in die Zukunft zu schauen.

Einige unserer Teammitglieder haben ihre Gefühle, Gedanken und auch Sorgen zum jetzt startenden Präsenzsemester niedergeschrieben:

Es ist komisch, nach so langer Zeit wieder (fast) normal Uni zu haben. Ich weiß, dass Zoom für manche echt anstrengend und nervig war, aber mir hat es geholfen, mehr aus mir herauszukommen. Da ich die anderen Kursteilnehmer*innen gut ausblenden konnte, habe ich mich mehr und selbstbewusster beteiligt. Deswegen mache ich mir auch etwas Gedanken, wie das jetzt in Präsenz ablaufen wird, ob ich es schaffe das aufgebaute Selbstvertrauen mitzunehmen und aufrechtzuerhalten.

Michelle


Seit Beginn meines Studiums hoffe ich darauf auch, einmal in Präsenz den Unialltag zu erleben. Jetzt ist es im nächsten Semester soweit! Obwohl ich so lange darauf gewartet habe, weiß ich jetzt nicht, was ich fühlen soll. Einerseits freue ich mich in Präsenz neue Leute kennenzulernen und neue Erfahrungen zu machen. Gleichzeitig fühle ich mich wie ein Ersti, obwohl ich schon im vierten Semester bin. Ich habe Angst, mir zu viel zuzumuten, den Stundenplan zu voll zu haben und mich zu überfordern. 

Lina

Ich gehe mit gemischten Gefühlen an das kommende Semester heran. Ich freue mich, Freund*innen in der Uni auf einen Kaffee zu treffen und mit Komiliton*innen gemeinsam im Seminar zu sprechen. Auf der anderen Seite habe ich ein mulmiges Gefühl dabei, mit 80 anderen Menschen dicht an dicht in kleinen Räumen zu sitzen und ich sorge mich, dass diese Angst überhandnehmen und mir den Studienalltag erschweren wird. Insgesamt überwiegt für mich das Gefühl der Nostalgie, welche in den letzten zwei Jahren ein ständiger Begleiter war und ich bin gespannt, die Uni wieder ein bisschen neu kennenzulernen.

Lea

Einmal freue ich mich wieder aktiver in Seminaren zu sitzen, dann scheue ich mich davor, mich in so großen Menschenmengen zu bewegen. Es fühlt sich so an, als hätte ich das Studierende sein verlernt. Wie geht man in Präsenz mit Lehrenden um oder mit anderen Studierenden? Bin ich überhaupt sicher an der Uni? Die letzten Semester konnte ich vieles auf den Online-Unterricht schieben, aber was, wenn die gleichen Probleme auch in Präsenz auftauchen? An sich bin ich aber auch zuversichtlich und freue mich, alte und neue Gesichter wiederzusehen und kennenzulernen. 

Lena

Für mich ist das Festhalten an einem Präsenzsemester ohne Angebot von hybrid und Onlineformaten als ein Schlag ins Gesicht für Vorerkrankte zu werten, und dazu würde ich neben physisch Erkrankten auch tatsächlich Menschen mit Phobien, Ängsten und Zwängen zählen. Ich hatte so schon immer Angst in der Menschenmasse der Unihalle zu Semesterbeginn erdrückt zu werden. Und das jetzt plus Angst vor Ansteckung? Finde dieses alternativlose Vorpreschen um gefühlt jeden Preis ohne Rücksicht auf die Bedürfnisse von Minderheiten (Immunsupprimierte, Asthmatiker, Diabetiker, Angsterkrankte etc.), die in Summe keine Minderheit sind, einfach zum Heulen. 

Krieg in der Ukraine – Umgang und Spendenmöglichkeit

Pia Kabitzsch hat in ihrem Format psychologeek ein sehr interessantes Interview mit der Psychotherapeutin Nesibe Özdemir zum Umgang mit der derzeitigen Situation in der Ukraine geführt.

Der Krieg und die Psyche – Strategien, damit umzugehen | psychologeek

Um den Opfern und Betroffenen zu helfen, haben wir von LiLiGoesMental uns entschieden, an “CARE Deutschland e.V.” zu spenden. Unsere Spende wird für psychosoziale Unterstützung verwendet.

Queer-Gruppe meets LSBTIQA+ -Aktivist*innen

Neu an der Uni gibt es eine queere Vernetzungs- und Austauschgruppe für Studierende, welche als wöchentlicher Austausch im Sinne eines Safe Space stattfindet. In einem vertraulichen Gruppentreffen darf voneinander gelernt werden und wertvolle Erfahrungen können ausgetauscht werden. Organisiert von zwei Sozialarbeiterinnen im Anerkennungsjahr in der Zentralen Studienberatung der Universität Bielefeld, bietet diese Gruppe eine Anlaufstelle für alle Studierenden, die sich der LGBTQIA+ -Community zugehörig fühlen und auch Personen, die sich unsicher hinsichtlich ihrer sexuellen Orientierung und/ oder Identität fühlen

Am 07.03, von 15-16 Uhr, wird der  erste „Queer-Gruppe meets LSBTIQA+ -Aktivist*innen“-Termin zum Thema „Umgang mit Vorurteilen bei queeren Beziehungen“ stattfinden mit Gast Jan Willems.

Zoom Zugangsdaten: https://uni-bielefeld.zoom.us/j/99413665216?pwd=TXNYOWllaTlmQ0tSbkJINFJqbzdxZz09
Meeting-ID: 994 1366 5216
Passwort: 989348

Weltschmerz

In letzter Zeit fällt es mir sehr schwer, Nachrichten zu schauen, denn man wird erschlagen von Negativität. Klimakrise, Afghanistan, Umweltkatastrophen und die Corona- Pandemie; so viele Probleme, welche unlösbar wirken. Dann fühle ich mich plötzlich ganz klein und unbedeutend, denn im Vergleich derer, die Katastrophen erleben, aus ihren Ländern fliehen und ihre Familien verlassen müssen, wiegen meine eigenen Schwierigkeiten doch nicht, oder? Es tauchen sehr viele Fragen auf, die für mich alle unlösbar wirken. Wie kann ich den Menschen helfen? Wie habe ich es verdient, so privilegiert zu leben? Wie kann ich dieser Privilegiertheit gerecht werden? Kann man bei so vielen Schwierigkeiten, die auf der Welt existieren, eigentlich noch einen Unterschied bewirken? Schnell bin ich gefangen in dieser Melancholie über die Unzulänglichkeiten der Welt und meiner eigenen Unzulänglichkeit, an dieser Situation etwas zu ändern.

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Ich und die Menschen (Matt Haig)

Was bedeutet es, Mensch zu sein? Und ist das wirklich so schlimm?

Diesen Fragen geht Matt Haig in seinem Buch „Ich und die Menschen“ auf den Grund.
 Die Story handelt von einem namenlosen Vertreter einer hochentwickelten, außerirdischen Spezies, der den Körper von Professor Andrew Martin übernimmt, um den mathematischen – und somit ganzheitlichen – Fortschritt der Menschheit zu verhindern. Während seiner Zeit auf der Erde muss er sich mit den Menschen abgeben, die seines Wissens nur von Gewalt und Gier getrieben werden, doch irgendwann merkt er, dass das vielleicht doch nicht alles ist…

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7 Dinge… die ich während der Pandemie zum 1. Mal gemacht habe

Natürlich ist die Pandemie scheiße. Ich weiß auch, dass viele Leute sehr darunter gelitten haben bzw. immer noch leiden: manche haben ihren Job verloren, andere sogar Familie und Freunde an COVID. Es mussten Lösungen fürs Homeschooling her und gerade die jüngere Generation litt unter den fehlenden sozialen Kontakten. Deswegen erfüllt es mich immer etwas mit schlechtem Gewissen zu sagen, dass mir die Umstände irgendwie trotzdem geholfen haben, mich weiterzuentwickeln. Ich will die Pandemie auf keinen Fall schönreden, aber ich finde, es kann nicht schaden, auch anzuerkennen, was ich mich dadurch getraut und letztendlich auch gemacht habe – und sei es nur, damit ich merke, wie viel besser es mir inzwischen geht.

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